Andreas Sturm MdL

„Kinder sind für uns das Wichtigste“

Katholischer Kindergarten St. Martin: Informationsgespräch des Landtagsabgeordneten Andreas Sturm (CDU) mit Leiterin Barbara Oelschläger, Kindergartengeschäftsführerin Sabine Malzacher und Dekan Uwe Lüttinger

Plankstadt. Welche wichtige Rolle Kindergärten für unsere Gesellschaft und Familien sowohl hinsichtlich der Betreuung als auch der frühkindlichen Bildung spielen und welche vielfältigen Herausforderungen die in diesen Einrichtungen tätigen pädagogischen Fachkräfte jeden einzelnen Tag bewältigen müssen, wird oftmals noch immer unterschätzt. Am vergangenen Donnerstag (30. März) nahm der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm (CDU) dies zum Anlass, im Katholischen Kindergarten in Plankstadt sich aus erster Hand zu informieren. Ausführlich berichteten Kindergartenleiterin Barbara Oelschläger und Kindergartengeschäftsführerin Sabine Malzacher dem Abgeordneten über ihren Alltag. Auch Uwe Lüttinger, Leitender Pfarrer der Seelsorgeeinheit Schwetzingen und Dekan des Dekanates Wiesloch, hatte sich die Zeit genommen, an diesem Dialog teilzunehmen, da ihm auch dieses Thema besonders am Herzen liegt.

Von links nach rechts: Landtagsabgeordneter Andreas Sturm, Kindergartenleiterin Barbara Oelschläger, Kindergartengeschäftsführerin Sabine Malzacher und Dekan Uwe Lüttinger, Leitender Pfarrer der Seelsorgeeinheit Schwetzingen.Von links nach rechts: Landtagsabgeordneter Andreas Sturm, Kindergartenleiterin Barbara Oelschläger, Kindergartengeschäftsführerin Sabine Malzacher und Dekan Uwe Lüttinger, Leitender Pfarrer der Seelsorgeeinheit Schwetzingen.

„Mittlerweile sind wir eine sechsgruppige Einrichtung mit 138 Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren. Als die Nachfrage immer größer wurde, kam 2015 die Gemeinde auf uns zu mit der Frage, ob wir uns vorstellten könnten, für eine sechste Gruppe mit Ganztagsbetreuung anzubauen. Im Februar 2017 wurde der Grundstein für den Anbau gelegt und seit September 2017 ist unsere Einrichtung sechsgruppig. Es gibt drei verschiedene Betreuungsformen: halbtags bis 13:00 Uhr, verlängerte Öffnungszeit bis 14:15 Uhr und Ganztagsbetreuung bis 16:00 beziehungsweise 17:00 Uhr. Das Personal ist auf derzeitige 22 pädagogische Fachkräfte angestiegen. Wir sind ein Ausbildungsbetrieb, haben eine `PIA-Auszubildende´ (Praxisintegrierte Ausbildung), einen Auszubildenden im Unterkurs und einen FSJLer (Freiwilliges Soziales Jahr). Ferner haben wir auch noch drei Küchenfachkräfte. Auch hier kam die Gemeinde auf uns zu mit der Bitte, ob wir nicht auch noch für die Kinder der verlängerten Öffnungszeiten ein warmes Essen anbieten würden. Am Anfang waren es 60 Kinder, die wir verköstigt haben, mittlerweile sind es 95“, führte Oelschläger aus.

Kindergartenteam steht vor großen und immer neuen Herausforderungen

„Was das ganze Team und Frau Oelschläger als Leitung leisten, das ist herausragend. Angesichts der sechs Gruppen und des damit verbundenen hohen Verwaltungsaufwands, den auch keiner sieht, ist Frau Oelschläger vom Gruppendienst freigestellt. Ferner müssen Elterngespräche und immer wieder auch Gespräche mit dem Jugendamt geführt werden in Fällen, in denen es um das Kindeswohl geht. Auch ein pastoraler Mitarbeiter ist immer mal wieder in unseren insgesamt sieben Kindergärten vor Ort, 30 Prozent seines Arbeitsbudgets sind hierfür eingeplant“, informierte Lüttinger. Zu Zeiten der Flüchtlingswelle 2015/2016 hatten 50 Prozent der Kindergartenkinder in St. Martin einen Migrationshintergrund, aktuell seien es 40 Prozent. Bezüglich Verständigungsproblemen bei Elterngesprächen konnte man sich bisher durch das bestehende Personal selbst helfen. „Arabisch, russisch, rumänisch, portugiesisch und vieles konnten wir durch unser Team selbst abdecken“, so Oelschläger. Lüttinger: „Hier ist die Realität.“

Keine Begeisterung kommt weder bei Oelschläger und noch bei Malzacher auf, wenn es um das Sprachförderprogramm „Kolibri“ geht, ein Programm für Kinder im Kindergartenalter, das zur sprachlichen Förderung und zur Unterstützung von Kindern mit sprachlichen Schwierigkeiten entwickelt wurde. Malzacher: „Früher hieß dieses Programm `Spatz´ und war besser und einfacher als `Kolibri´. Alleine der Verwaltungsaufwand mit entsprechender Dokumentation hierfür ist riesig. Eine Gruppe von fünf bis sieben Kinder könnte daran teilnehmen, gefordert werden 120 Unterrichtsstunden, zwei Elterngespräche und die Erstellung von individuellen Förderplänen. Dafür gibt es als Förderbetrag 2.200 Euro vom Land. Das steht in keinem Verhältnis weil ja auch uns die Mitarbeiter, die das machen würden, dann im Gruppendienst fehlen. Wir machen die Sprachförderung – aber nicht mit `Kolibri´.“

Kein Verständnis in diesem Zusammenhang hatte die Gesprächsrunde für die völlig überraschende Entscheidung der Ampel-Bundesregierung im vergangenen Jahr, das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ einzustellen. „Angesichts des massiven und berechtigten Protests hat das Bundesfamilienministerium Ende Januar 2023 mitgeteilt, dass der Bund den Ländern übergangsweise bis zum 30. Juni 2023 weitere 109 Millionen Euro für die "Sprach-Kitas" zur Verfügung stellt. Das Land Baden-Württemberg wird danach die Förderung der Sprach-Kiras übernehmen“, erläuterte Sturm.

Jungen Menschen bei der Ausbildung keine unnötige Hürden in den Weg stellen

Im Hinblick auf den Fachkräftemangel kritisierte Oelschläger, dass man sich nicht zu wundern brauche, dass es zu wenig Erzieherinnen und Erzieher gebe, wenn man einigen jungen Menschen, die Interesse an diesem Beruf hätten, ihrer Ansicht nach unnötigerweise Hindernisse in den Weg stelle. Hierzu hatte Oelschläger einen ganz konkreten Beispielsfall aus dem St.-Martin-Kindergarten: „Unser FSJler, den wir haben, leistet eine ganz tolle Arbeit und hat sich dazu entschlossen, Erzieher zu werden. Jetzt hat er diesbezüglich nachgefragt und ihm wurde mitgeteilt, dass er nochmals ein Jahr ein Vorpraktikum machen müsse, da er kein Abitur, sondern die Mittlere Reife habe. In diesem Jahr würde er genau das machen, was er in seinem Freiwilligen Sozialen Jahr gemacht hat. Da schütteln wir Mitarbeiter hier nur den Kopf“, so Oelschläger.

Dem stimmte Lüttinger zu: „Es erschließt sich mir nicht, wo hier der Vorsprung eines jungen Abiturenten gegenüber einem jungen Mann sein soll, der die Mittlere Reife hat und während seines FSJ von morgens bis abends bereits ein Jahr hier gearbeitet hat. So kann man jungen Menschen auch die Lust nehmen, eine pädagogische Ausbildung zu machen.“ Der Dekan weiter: „Irgendwann wollen die jungen Leute schließlich ja auch mal ihr eigenes Geld verdienen. Und zudem ist es wichtig, dass es auch Männer in den Einrichtungen gibt.“ Oelschläger dazu: „Ja, das ist ganz wichtig, Männer sind klar eine Bereicherung.“ Sturm sagte zu, in dieser Angelegenheit nachzuhaken.

Lüttinger wies abschließend darauf hin, dass die Kirche auch in diesem Bereich ein „attraktiver Arbeitgeber und verlässlicher Partner“ sei. Im Kindergarten St. Martin seien alle Stellen besetzt: „Und tatsächlich ist es so, dass Mitarbeiter, die sich anderweitig orientiert haben, nach relativ kurzer Zeit wieder zu uns zurückkehrten.“

Der weitere Verlauf des Gesprächs mit dem Landtagsabgeordneten Sturm drehte sich unter anderem um das Ansehen und die Anerkennung des Berufsbildes der Erzieherin / des /Erziehers, um die Finanzierung von PIA-Auszubildenden, um die Zusammenarbeit mit dem KVJS (Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg) und das Thema Inklusion. (Text/Foto: Matthias Busse)