"Wir wollen einfach nur in Frieden leben"
Mannheim. Gerade als der CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Sturm mit Rita Althausen und Sofia Engelhardt, der ersten und zweiten Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Mannheim, in den Räumlichkeiten des Jüdischen Gemeindezentrums über die Ausschreitungen einer Pro-Palästina-Demonstration, die vor Kurzem in der Quadratestadt stattfand und in Ausschreitungen und in antisemitischer Hetze gipfelte, sprach, kam ein Handwerker, der sich um ein beschädigtes Fenster kümmern sollte. Althausen klärte mit diesem schnell ab, was getan werden muss und sagte zu Sturm: „Da hat jemand mit einem Hammer oder einem Baseballschläger zugeschlagen. Wir haben zwar Sicherheitsglas, aber es hat dennoch ein Loch und muss ausgetauscht werden. Der Staatsschutz ermittelt jetzt.“
Althausen sagte das mit ruhiger Stimme, so leicht bringt sie und die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Mannheim nichts aus der Fassung, genug Anfeindungen hat man schon erlebt und überstanden. Anonyme Briefe, deren Aussagen eindeutig dem rechtsextremen Gedankengut zuzuordnen sind, werden direkt an die Polizei, für deren Arbeit die 66-jährige pensionierte Gymnasiallehrerin dankbar ist, weitergeleitet.
„Bei der Pro-Palästina-Demonstration konnte verhindert werden, dass die Demonstranten vor unser Gemeindezentrum ziehen. 40 Polizeibeamte waren sicherheitshalber hier vor Ort“, berichtete Althausen, die im Namen der rund 500 jüdischen Mitbürger, die in Mannheim leben, das einfordert, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: „Wir wollen keine Privilegien, wir wollen als Menschen wahrgenommen werden. Wir sind Teil dieser Gesellschaft und wollen einfach nur in Frieden leben.“
Ihre Stellvertreterin Engelhardt ergänzte, dass sie kurz nach den gewaltsamen Ausschreitungen in Berlin-Neukölln, die durch die Eskalation des Nahostkonfliktes ausgelöst wurden, noch einer Freundin via E-Mail geschrieben habe: „So etwas wird es bei uns in Mannheim nicht geben.“ In einem Aktenordner bewahrt Althausen nach dem Vorfall in Mannheim zahlreiche mutmachende Solidaritätsbekundungen von Institutionen, Religionsgemeinschaften und Einzelpersonen auf.
Für den CDU-Parlamentarier Sturm, der bewusst den vergangenen Donnerstag, den die CDU Deutschlands als „Aktionstag gegen Antisemitismus“ ausgerufen hatte, als Termin für das Gespräch mit Althausen und Engelhardt gewählt hatte, darf es solche Vorkommnisse auch nicht geben. „Jede und jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung und zu demonstrieren. Aber auch das hat Grenzen. Es kann keine Toleranz geben für diejenigen, die nicht selbst tolerant sind. Judenhass, ganz gleich, ob von Rechtsextremisten, Linksextremisten oder muslimischen Extremisten, dulden wir nicht. Antisemitismus richtet sich gegen Menschen, gegen unsere Werte, gegen unsere Demokratie und unser Land. Hier gehen wir entschieden dagegen vor. Dies hat Innenminister Thomas Strobl nochmals sehr deutlich gemacht.“ Das rund eineinhalbstündige Gespräch drehte sich unter anderem auch um die Themen Schul- und Islamunterricht sowie die diesbezügliche Rolle des Islamverbandes Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.).
Sturm, der seit Mai 2021 Mitglied des baden-württembergischen Landtags ist, kündigte an, mit Althausen und Engelhardt in Kontakt zu bleiben. (Text/Foto: Matthias Busse)